Es kostet schon etwas Überwindung, sich regelmäßig auf die Faszienrolle zu legen und die besonders fiesen Stellen auszurollen. Aber Faszientraining lohnt sich!
Doch was sind Faszien überhaupt? Jeder von uns hat sie schon mal gesehen: diese feine weiße Haut, die das Fruchtfleisch von Orangen, Grapefruits und anderen Zitrusfrüchten umgibt und die es in einzelne Kammern teilt. Ganz ähnlich sieht das Fasziengewebe in unserem Körper aus. Die hauchdünnen Fasern sind milchig weiß oder auch durchsichtig, umgeben unsere Organe, Muskeln und Gelenke, Blutgefäße und Nerven. Wie ein feines Netz ziehen sich einzelne Fasern durch den gesamten Körper und geben ihm als eine Art Stützkorsett seine äußere Form.
Faszinierendes Gewebe
Das Besondere an den Faszien ist jedoch, dass auch zahlreiche Nervenfasern in ihnen liegen. Inzwischen führt die Medizin viele Schmerzen auf das Fasziengewebe zurück. Zum Beispiel wirken sich Fehlbelastungen nicht nur auf die Muskeln, sondern auch auf die Faszien aus. In der Folge verlieren die feinen Fäden ihre Elastizität und Geschmeidigkeit, können miteinander verkleben oder sogar Risse bekommen. Diese Veränderungen melden die in ihnen liegenden Nervenzellen weiter. So gelangen Schmerzimpulse an das Gehirn.
Mediziner können nun viele Beschwerden erklären, für die sie bislang keine Ursache kannten.
Mit diesem Wissen können Mediziner nun viele Beschwerden erklären, für die sie bislang keine Ursache kannten. So vermuten sie, dass die große Rückenfaszie, die stark mit Nervenfasern durchzogen ist, ein Hauptverursacher von chronischen Rückenschmerzen ist. Bei Menschen mit chronischen Nackenschmerzen sind die dort liegenden Faszien oft auffällig verdickt. Und auch die Heilung von Verletzungen wird durch das feine Gewebe beeinflusst: So können verklebte Faszien einen Lymphstau verursachen und beispielsweise das Abschwellen von Blutergüssen verzögern.
Das richtige Equipment
Kein Wunder also, dass neue Behandlungsansätze die Faszien einbeziehen. Ausgebildete Physiotherapeuten können Verklebungen durch die Haut ertasten und manuell ausstreichen. Aber auch Hilfsmittel kommen zum Einsatz: Dazu gehören sogenannte Fazer – eine Art Bumerang, mit dem Physiotherapeuten das Gewebe wieder glätten können.
Mit Rolle und Ball kann jeder für sich daheim die Faszien massieren und dehnen.
Sehr bekannt sind die Faszienrollen, die es inzwischen bei vielen Anbietern zu kaufen gibt. Mit ihnen kann man unter Profiaufsicht, aber auch jeder für sich daheim die Faszien massieren und dehnen.
Um punktuellen Druck auf eine Stelle zu bringen, eignen sich Faszienbälle. Sie können durch Tennisbälle (oft zu weich) oder auch Golfbälle (ziemlich hart) ersetzt werden. Die Investition in einen guten Faszienball mittleren Härtegrades lohnt sich meiner Erfahrung nach für die meisten von uns.
Bälle und Rollen sind mit unterschiedlichen Oberflächen erhältlich. Doch Vorsicht: Rillen, Noppen oder Stacheln wie bei den sogenannten „Igelbällen“ drücken sich in das Gewebe und können zu intensiv sein. Eine glatte Oberfläche reicht aus, um mit dem Eigengewicht die verhärteten Stellen „glattzubügeln“.
Keine Wellnessbehandlung
Egal, ob beim Physiotherapeuten oder mit der Rolle daheim: Faszientraining ist keine entspannte Wellnessbehandlung, sondern kann richtig weh tun. Auf einer Schmerzskala von 1 („total easy“) bis 10 („absolute Hölle“) darf beim Faszientraining eine gute 7 erreicht werden. Besonders die Außenbereiche sind oft verhärtet und können unangenehm sein. Nach ein bis zwei Minuten Rollen ist ein Unterschied aber deutlich spürbar, es bleibt ein angenehmes Gefühl wie frisch massiert. Übrigens: Länger muss eine Partie nicht bearbeitet werden. Der physische Effekt steigert sich nach zwei Minuten nicht mehr. Vielleicht aber das Wohlbefinden 😉
Regelmäßige Selbstmassage
Seit mehr als zwei Jahren liege ich selbst regelmäßig auf der Faszienrolle. Das Faszientraining war Teil meiner Yogalehrer-Ausbildung und wird regelmäßig in meine Stunden integrierten. Aus Erfahrung kann ich also sagen: Dranbleiben lohnt sich! Von Mal zu Mal ist das Training deutlich weniger schmerzhaft.
Von Mal zu Mal ist das Training deutlich weniger schmerzhaft.
Sicherlich: Nach Stressphasen und nach besonderen körperlichen Anstrengungen (ich denke da an unseren Umzug) sind die Verspannungen wieder stärker. Doch genau dann habe ich mit der Faszienrolle und den Bällen wirksame Helfer, mit denen ich die verhärteten Stellen massieren und selbst „therapieren“ kann. Kurzum: Ich bin ein großer Freund des Faszientrainings und freue mich, in meinen Workshops gemeinsam mit Euch die Faszien „plattzumachen“.